Geschichte

Der erste Schacht lockt Menschen an

In der kleinen Landgemeinde Horst-Emscher wurde der Wandel greifbar durch die Zeche Nordstern (Bild, eine Aufnahme aus dem Jahr 1927), die mit den Abteufarbeiten für ihren ersten Schacht schon 1857 begann.

In Horst wurde somit der erste Schacht nördlich der Emscher in die Tiefe getrieben.

Die Bevölkerungszahlen schnellten in die Höhe. Überall im Osten wurden die Menschen angeworben, lockten Versprechungen wie diese: „In rheinländischer Gegend, umgeben von Feldern, Wiesen und Wäldern, den Vorbedingungen guter Luft“ sollten die neuen Wohnungen liegen. 

In jedem Haus nur vier Wohnungen, in jeder Wohnung drei bis vier Zimmer, jeweils drei mal drei Meter groß, die Decken drei Meter hoch. „Also schön hoch, groß und luftig.“ Auch der „trockene Keller“ für Kartoffeln und Früchte, der Stall fürs eigene Schwein, die Ziege oder Hühner, war für die Landbevölkerung wichtig, ebenso der große Garten fürs Gemüse.

Jetzt tritt der Gemeinnützige Bau-Verein Horst-Emscher (so hieß die WBG Horst früher) auf den Plan.

Der erste Bauverein in der Region

„Eine so unerwartet hohe und schnelle Bevölkerungszunahme zwang die verantwortlichen Stellen in Horst, die Horstermark systematisch baulich aufzuschließen“, schreibt Hartmut Hering in seinem 1982 erschienenen Buch „700 Jahre Freiheit Horst“.*

Darin ist auch eine Anerkennung der Leistungen der WBG Horst enthalten:
„Besondere Verdienste erwarb sich hierbei der „Gemeinnützige Bauverein“ (gemeint ist die WBG Horst) der 1896 von dem späteren Sanitätsrat Dr. Strunden gegründet wurde. Dieser Bauverein war der erste seiner Art in der ganzen Gegend und wurde wegweisend und richtunggebend auf dem Gebiet der gemeinnützigen Baugenossenschaften.“

Die ersten Häuser des Bauvereins befanden sich in der damaligen Victoriastraße am Schleusengraben (Bild, heute „Zum Bauverein“) und die Stallungen, die sich dahinter befanden. Beides wurde vor Jahren abgerissen.

Gesunde und zweckmäßige Wohnungen

Das Gründungsstatut des „Bau-Vereins, eingetragene Genossenschaft zu Horst-Emscher, vom 21. Juni 1896 besagt in § 2:

„Gegenstand des Unternehmens ist der Bau, der Erwerb und die Verwaltung von Wohnhäusern sowie deren Vermietung und Verkauf an Genossen.“

1910 wurde dieser Paragraph noch einmal geändert:

„Der Zweck der Genossenschaft ist ausschließlich darauf gerichtet, unbemittelten Familien gesunde und zweckmäßig eingerichtete Wohnungen in eigens erbauten oder angekauften Häusern zu billigen Preisen zu beschaffen.“

Aktuell lautet der entsprechende Passus in der Satzung der Wohnungsbaugenossenschaft Horst:

„Zweck der Genossenschaft ist vorrangig eine gute, sichere und sozial verantwortbare Wohnungsversorgung der Mitglieder der Genossenschaft.“

Der Gemeinnützigkeitsgedanke ist also nicht nur 110 Jahre lang bewahrt worden, er wurde sogar noch im Laufe der Zeit immer eindeutiger formuliert – und gelebt.

Denn während im Gründungsstatut nüchtern von Bau und Vermietung von Wohnungen die Rede ist, bekennen sich nachfolgende Generationen zur „guten, sicheren und sozial verantwortbaren Wohnungsversorgung.“

Ein Blick auf die Gründer

Dr. Franz Strunden (Bild) gilt als „der“ Gründer des Bauvereins in Horst. Der Mediziner war nicht nur ein Anhänger des Genossenschaftsgedankens, er war darüber hinaus im medizinisch-sozialen Bereich in Horst überaus engagiert.

Kaiser Wilhelm II. ernannte ihn deshalb zum Sanitätsrat.
Der Bauverein verdankt Dr. Strunden nicht nur die Mit-Gründung, denn Dr. Strunden war in den ersten Jahrzehnten sehr engagiert in den Gremien der jungen Genossenschaft. So ist er (mindestens) bis 1919 als Vorsitzender des Aufsichtsrates nachweisbar.
Unvergessen ist sein Engagement für die Kriegerwitwen des Bauvereins, denen er mit einem Unterstützungs-fond nach dem ersten Weltkrieg half.

Unvergessen ist der Bauvereinsgründer auch in Horst selbst. Hier war er u.a. Leiter des St. Joseph-Hospitals und von 1903 bis 1907 zweiter Beigeordneter der Gemeinde Horst.
Nach ihm ist die Strundenstraße benannt.

Dr. Strundens Mitstreiter bei der Gründung des Bauvereins waren Hauptlehrer Reidick (erster Vorstandsvorsitzender), der evangelische Pfarrer Schmidt, Lehrer Heinrich Alldieck, Vikar Eickelmann, Bergassessor und 1. Beigeordneter von Horst, Wilhelm Freund, Julius Gonska, Kassierer des Bauvereins, der 1. Gemeindesekretär und Leiter der Sparkasse Horst, Josef Hanio, Lehrer Ferdinand Hültenschmidt, Apotheker Seibolts und Schulrektor Bernhard Urselmann.

Heinrich Alldieck (Bild) gehört nicht nur zu den Mitbegründern des Bauvereins, er gilt als der Begründer der Horster Heimatkunde und hat seiner Wahlheimat zahlreiche historische Schriften hinterlassen, allerdings auch schriftstellerische Texte.

Fast vier Jahrzehnte arbeitete der Wahl-Horster hier als Lehrer, Hauptlehrer und schließlich Rektor. Er gründete und leitete den Horster Lehrerverein, war im Vorstand des katholischen Lehrervereins für die Provinz Westfalen, leitete den Kirchenchor der St. Hippolytus-Pfarre und war u.a. Rendant des Horster Spar- und Kreditvereins sowie Leiter des Verkehrsvereins Horst. Nach ihm ist die Alldieckstraße benannt worden

Anfang des 20. Jahrhunderts

„Das Jahr 1902 begann mit einem traurigen Ereignisse, indem der verdienstvolle Vorsitzende des Vorstandes, Herr Hauptlehrer Reidick, dem Vereine durch einen allzu frühen Tod entrissen wurde.“

Mit dieser Nachricht wurde die Generalversammlung des jungen Bau-Vereins am 29. März 1903 mit dem Verlust ihres engagierten Vorstandsvorsitzenden konfrontiert.
Im Lokal von Rudolf Rose, Mitbegründer des Horster Rennvereins und von 1896 bis 1931 dessen Geschäftsführer, wählten die Bau-Genossen Pfarrer Schmidt zum neuen Vorsitzenden.

Der 1903 erstellte Geschäftsbericht für das Jahr 1902 ist das älteste noch vorhandene Zeugnis für das Vereinsleben in der Bau-Genossenschaft.

Hier ist vermerkt, dass im Aufsichtsrat eine Stelle frei gehalten wurde für den Kreis Recklinghausen, der den Erwerb von zehn Anteilscheinen angekündigt hatte.

15 Mitglieder, „die schon lange ihren Verpflichtungen gegen den Verein nicht mehr nachgekommen waren“, wurden ausgeschlossen. Bei nur 80 Mitgliedern war das ein großer Verlust.

Streit gab es über die Frage, ob die Einrichtung eines Ladens in einem Wohnhaus des Bau-Vereins mit dessen Prinzipien in Einklang stehe.
Das Schiedsgericht des Westfälischen Wohnungsvereins in Münster erklärte das Vorhaben an der Ecke Franz- und Victoriastraße (heute „Zum Bauverein“) jedoch für unbedenklich.

Fertig gestellt und bezogen wurden drei Zwei-Familienhäuser.

Und immer wieder Hochwasser in Horst

1909 – wieder einmal Hochwasser in Horst. Die Chronik vermerkt für den 5. und 6. Februar dieses Jahres: „Stark betroffen sind Victoria- und Franzstraße. Auf der rechten Seite des Schleusengrabens stehen die Häuser des Bauvereins unter Wasser“ (heute Straße „Zum Bauverein“).

Nachdem die Emscher kanalisiert war, wurde der Schleusengraben (Bild rechts) zugekippt. Hier waren die ersten Bauvereins-Häuser entstanden (früher Victoriastraße, heute „Zum Bauverein“).
Doch die Emscher-Dammbrüche richteten 1909 und 1946 große Hochwasserschäden an.
Kleines Bild: Hochwasser in der Devensstraße in Horst-Süd, ein seltenes Zeitdokument aus dem Jahre 1909

Hilfe durch die Gemeinde Horst

Die rege Bautätigkeit des Bauvereins Anfang des 20. Jahrhunderts hat nicht nur erfreuliche Folgen.

Durch eine teure und unrentable Bauweise sah sich der Vorstand gezwungen, 1912 ein etwa 18.000 Quadratmeter großes Grundstück zwischen Allee- und Grabenstraße an die Gemeinde (Amt) Horst zu verkaufen.

Dieser Handel wurde jedoch vom Bezirksausschuss in Münster untersagt, weil sich unter den Gemeindeverordneten auch Mitglieder des Bau-Vereins befanden.
Dadurch blieben die finanziellen Probleme bestehen, so dass der Bau-Verein mit der Selbst-Auflösung drohte.

Nun half die Gemeinde Horst auf andere Weise. „Da der Bau-Verein sich (…) augenblicklich nicht in bester Lage befindet, wurde einstimmig beschlossen, ihm die Hälfte der Grundsteuer-Zahlung auf drei Jahre nachzulassen.“
(zitiert nach: Klaus Gonska zum 100-jährigen Bestehen der WBG Horst)

Landgewinn am Schleusengraben

Jetzt ging es auch an anderer Stelle wieder aufwärts.
An der Victoriastraße (heute „Zum Bauverein“) hatte die Emschergenossenschaft den Schleusengraben zugeschüttet. Die Hälfte des auf diese Art neu gewonnenen Landes konnte vom Bauverein in Anspruch genommen werden.

Über zwei Billionen Bilanzsumme

In vielfacher Hinsicht war der Bau-Verein vom Weltkrieg betroffen. Zwar garantierte die Gemeinde Horst die Mietzahlungen der Soldatenhaushalte, verlangte aber dafür von den Vermietern – auch vom Bau-Verein – dass die Mieten für die Dauer des Krieges um 30 Prozent gesenkt würden.

Julius Gonska, Kassierer des Bauvereins, musste an die Front. An seiner Stelle wurde sein Schwager Stog mit der Einziehung der Mieten beauftragt.

Die Mitgliederzahl des Bau-Vereins stieg von 214 Genossen zum 1. Januar 1914 bis Ende des ersten Kriegsjahres auf 227.

Auf dem Höhepunkt der Inflation 1923 belief sich die Bilanzsumme des Bau-Vereins auf die nicht mehr vorstellbare Summe von
2.500.001.107.780 Mark und 83 Pfennige.

Zum Vergleich: Ein Liter Vollmilch kostete 7,6 Mio Mark, ein Brot 10,37 Mio Mark und 1 kg Fleisch 76 Millionen Mark!

„Es werde Licht“ beim Bauverein

Zwei Monate vor Kriegsende, am 7. September 1918, beschlossen Vorstand und Aufsichtsrat des Bau-Vereins in gemeinsamer Sitzung, alle Wohnungen mit elektrischem Licht zu versorgen.

Vielfach war es immer noch üblich, die Wohnungen mit Öl- oder Gaslampen zu beleuchten.

Dass der Bau-Verein nun in schwieriger Zeit auf die Elektrifizierung setzt, darf als sehr bemerkenswerter Umstand in die Geschichtsbücher eingehen.

Zugleich ist dies ein weiteres Indiz dafür, dass die Wohnungsbaugenossenschaft „aus Tradition modern“ dachte und handelte.

Jubelfeier zum 25-jährigen Bestehen

Am 4. Juni konnte der Verein auf ein 25-jähriges Bestehen zurückblicken“, vermerkt der Geschäftsbericht für das Jahr 1921.

Weiter heißt es: „Er ist einer der ältesten Bauvereine in Westfalen und hat sich trotz ungeheuerer Schwierigkeiten zu seiner jetzigen Höhe durchgerungen.

Dieses Bewusstsein gab den Mitgliedern Veranlassung, eine kleine Festfeier zu veranstalten.“

Auf der Horster Rennbahn gab es deshalb „ein Konzert mit Kinderbelustigung“.

„Die Flut stand drei Meter hoch in den Häusern“

Fast jedes Jahr im Februar trat die Emscher in Horst über die Ufer. Starke winterliche Schnee- und Regenfälle und die Bodensenkungen, die der Bergbau verursachte, führten regelmäßig zur Überflutung von Horst-Süd, bevor die Emscher ins Kanalbett gebannt wurde.

Am 8. und 9. Februar 1946, knapp ein Jahr nach Kriegsende, kam es besonders schlimm.

Die Fluten bahnten sich ihren Weg und standen bald zwei und drei Meter hoch in den Häusern. Von der Nordstern- und Strickerstraße wird berichtet, dass das schmutzige und stinkende Hochwasser bis sechs Meter Höhe alles umspülte.

Alle Wohnungen in den betroffenen Gebieten mussten geräumt werden. Drei Wochen dauerte es, bis das Wasser wieder verschwand. 3.000 Horster Familien wurden obdachlos.

In der Geschäftsstelle des Bau-Vereins vernichtete das Wasser fast den gesamten Aktenbestand. „Verschiedene, überwiegend mit Tinte geführte Inventare und Bücher sind durch das Wasser unleserlich geworden und deswegen bereits vor Jahrzehnten vernichtet worden,“ notiert Klaus Gonska in seinem Text zum 100. Geburtstag.

Für die Zeit nach 1928 existieren somit keine Akten mehr.

Aufzeichnungen sind erst wieder ab 1946 verfügbar.

Verspätete Abrechnung – kriegsbedingt

„Wenn der Jahresabschluss und der Geschäftsbericht für das Jahr 1944 mit großer Verspätung vorgelegt wird, und zwar zusammen mit der Jahresrechnung für 1945, so ist dies dem Eingeweihten selbstverständlich“, schreibt der Vorstand im November 1946.

Die Vorstandsmitglieder Immel, Zimmermann und Küßner fahren in diesem ersten Nachkriegsdokument über den „Gemeinnützigen Bauverein e.G. m.b.H. Gelsenkirchen-Horst, wie er jetzt heißt, fort:
„Am 23. November 1944 verloren wir bei der vollständigen Zerstörung unserer Geschäftsstelle einen sehr großen Teil unserer Geschäftsunterlagen.

Wir betrachten hierbei als einen glücklichen Umstand, dass wenige Wochen vorher eine eingehende Prüfung aller Unterlagen durch den für uns zuständigen Prüfungsverband stattgefunden hat.
Was damals bei der Vernichtung unserer Geschäftsstelle aus den Trümmern herausgeholt, und so gut es ging wieder in Ordnung gebracht wurde, ging zum großen Teil beim Hochwasser im Februar / März 1946 verloren.

Nur unter den allerschwierigsten Verhältnissen vollzog sich langsam der Wiederaufbau unseres Geschäftsbetriebes.
Dabei fiel das Fehlen einer neuen Geschäftsstelle besonders schwer ins Gewicht.“

„Was noch stehen blieb, wies die schlimmsten Schäden auf…“

Schlimme Bilanz des zweiten Weltkriegs

Vorweg sei es gesagt: Der Verlust an Menschenleben, „soweit Genossenschaftsmitglieder infrage kommen, war Gott sei Dank nur gering“, vermerkt der Geschäftsbericht für 1944 im November 1946.

Aber die Schäden am Hausbesitz! Bis Mitte 1944 waren die Schäden im Besitz des Bauvereins trotz der vielen Angriffe auf Horst verhältnismäßig überschaubar. Bis dahin konnte ein eingetretener Schaden am Hausbesitz noch in verhältnismäßig kurzer Zeit wieder beseitigt werden.

Weitere elf Häuser mit 39 Wohnungen wurden am 28. Februar 1945 total zerstört. Nach Kriegsende war in den ganzen Bauvereinshäusern kaum noch eine Wohnung, die als bewohnbar anzusprechen war.

Die Genossenschaftsmitglieder nutzten dennoch jeden Raum, auch Kellerräume, weil sie schlichtweg darauf angewiesen waren.

So gab es Ende 1945 noch 106 bewohnte Wohnungen (die nicht wirklich bewohnbar waren) – gegenüber 250 vor dem Krieg.

Doch mit dem ersten Großangriff am 13. Juni 1944 ergab sich ein anderes Bild: Unter den Bauvereins-Häusern gab es große Total- und Teilschäden, die bei einem zweiten großen Angriff am 23. November 1944 erheblich vergrößert wurden. In diesem Jahr verlor der Bauverein durch Totalschaden 15 Häuser mit 73 Wohnungen, dazu entstanden viele umfangreiche Teilschäden.

Handwerker waren kaum zu bekommen in jener Zeit, also war man auf die eigenen Kräfte angewiesen. „Was bei dieser Selbsthilfe von durchweg ungeschulten Kräften geleistet worden ist, kann nicht genügend gelobt werden und wird unvergessen bleiben“, stellte der Vorstand im November 1946 heraus.

Am Schlimmsten war das Fehlen jeglichen Bedachungsmaterials, darüber hinaus war jegliche Materialbeschaffung „mit vielen Schwierigkeiten verbunden“, wie der Vorstand im Februar 1948 lakonisch anmerkt.

Einfallsreich und gut bedacht

Wenn im Geschäftsbericht des Jahres 1947 von Dachziegeln die Rede ist, die „auf offiziellem und inoffiziellem Wege beschafft werden konnten“, dann deutet dies auf ein hohes Organisationstalent der damals beim Bauverein Verantwortlichen hin.

Interessant ist, dass der „inoffizielle Weg“ sogar in einem offiziellen Papier erwähnt wird.

Dass diverse „inoffizielle Wege“ damals hoffähig waren, geht auf den Kölner Erzbischof Josef Frings zurück, der in seiner Silvesterpredigt 1946 „den Diebstahl von zum Überleben notwendigen Gütern in einer existenziellen Notlage“ rechtfertigte.

Fortan war der Begriff des „Fringsens“ geboren und bezog sich vor allem auf Kohle, die die Menschen von jedem stehenden LKW oder Güterwagen klaubten.

Im Geschäftsbericht für das Jahr 1947 ist jedoch von einer kleinen Verbesserung die Rede:

„Erfreulich war, dass im Laufe des Jahres auf offiziellem und inoffiziellem Wege eine ganze Anzahl Dachziegel beschafft werden konnten. Die Zufuhr genügt aber bei weitem nicht.“

Immerhin bestand aber nun „die berechtigte Hoffnung“, dass bis Ende 1948 alle Häuser gut bedacht sind.

Keine Feier zum 50-jährigen Bestehen

„Im Jahre 1946 konnte unsere Genossenschaft auf ein 50-jähriges Bestehen zurückblicken. Die früher immer wieder geäußerten Absichten, 1946 aus Anlass unseres 50-jährigen Bestehens ein Jubelfest zu feiern und auch nach der sozialen Seite irgendwie hervorzutreten, sollten leider keine Verwirklichung finden. Wir hatten bestimmt keinen Anlass und auch keine Möglichkeit, mit einer Jubelfeier an die Öffentlichkeit zu treten.“

Wirtschaftswunder – auch bei der WBG Horst

Mit Macht setzte ab 1950 das Wirtschaftswunder in der jungen Bundesrepublik ein. Mit großen Kraftanstrengungen schuf der Bauverein Horst damals die Grundlagen für seine heutige Größe.

Allein von 1950 bis 1955 wurden 69 Häuser mit 472 Wohnungen neu bzw. wieder aufgebaut. Beispiele (nebenstehend, oben von links., dann unten von links.): Industriestraße, Markenstraße, Althoffstraße, Hesterkampweg, Devensstraße und Harthorststraße.

In den 50er Jahren, am 10. Juni 1955, wurde die Verschmelzung des Bauvereins mit der „Gemeinnützigen Baugenossenschaft „Siedlungskameradschaft“ e.G. mbH, Gelsenkirchen-Heßler“ besiegelt.

17 Häuser mit 105 Wohnungen kamen somit durch einen entsprechenden Beschluss beider Mitgliederversammlungen hinzu. 
Die Genossenschaft nannte sich nun „Gemeinnütziger Bauverein“.

Unter seinem Namen „Wohnungsbaugenossenschaft Horst e.G. – WBG Horst“ firmiert der Bauverein übrigens seit 1991.

Als Folge der regen Neubautätigkeit im Wirtschaftswunderland stiegen die Grundstücks- und Baupreise ab Mitte der 50er Jahre kräftig.

Parallel zu dieser Entwicklung sank die Anzahl der neu gebauten Häuser bei der WBG Horst. In den nächsten 20 Jahren, bis 1975, wurden aber immerhin noch 14 Häuser mit 114 Wohnungen errichtet.
Mit der zunehmenden Grundstücksknappheit in Ballungszentren wie Gelsenkirchen sowie weiter gestiegener Bau- und vor allem Finanzierungskosten verwirklichte die Genossenschaft von 1976 bis 1995 „nur“ noch zwei Häuser mit 18 Wohnungen.

Zum 100-jährigen Bestehen 1996 wurden die seither letzten acht Wohnungen an der Markenstraße erstellt.

Der 100. Geburtstag der Genossenschaft selbst wurde nicht groß gefeiert. Zu sehr stand damals die Modernisierung des Wohnungsbestandes im Vordergrund, als dass man Zeit und Mittel für eine Feier einsetzen wollte. Das wurde im Juni 2006 mit einer großen Feier auf dem Marktplatz Horst-Süd, direkt vor der Geschäftsstelle der WBG Horst, nachgeholt.

Festredner waren Gelsenkirchens Oberbürgermeister Frank Baranowski und Burghard Schneider, Verbandsdirektor des Verbandes der Wohnungswirtschaft Rheinland Westfalen e.V. mit Sitz in Düsseldorf.

Tenor: Die WBG Horst befindet sich trotz des Wegfalls des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes zum 1. Januar 1990 auf gutem Wege in die Zukunft.

Auch heute noch sind Werte wie Gemeinnützigkeit, soziale Belange und die Genossenschaftsidee so modern wie vor 110 Jahren.

Vorstand und Aufsichtsrat der WBG Horst danken allen ehrenamtlich tätigen Mitgliedern, die unsere Genossenschaft in Vorstand und Aufsichtsrat umsichtig durch die Zeit geführt und unsere gemeinsame Sache gestärkt haben.

Danke dafür, dass wir eine starke Gemeinschaft geworden und geblieben sind.

Wie die WBG Horst heute dasteht, entnehmen Sie den einzelnen Rubriken unter „Wir über uns“.

Zum 110-jährigen Bestehen der WBG Horst, ist im Mai 2006 eine Festschrift erschienen, die Sie hier einsehen oder als PDF-Dabei herunterladen können.

Einige gedruckte Exemplare sind auch noch in der Geschäftsstelle in der Harthorststraße 6 A erhältlich.

Geschichte der Baugenossenschaft Wohnungsbau e.G.

Der Anfang der Baugenossenschaft Wohnungsbau e.G. liegt in schwerer Zeit: Der erste Weltkrieg lag erst elf Jahre zurück, Deutschland hatte schwer an den Kriegsfolgen zu tragen – und dann kam – gerade mal drei Monate nach der Gründung der Genossenschaft – der Schwarze Freitag an der New Yorker Börse – und die Weltwirtschaftskrise zog herauf. Doch der Traum der Genossenschaftsmitglieder vom eigenen Heim war stärker. Beamte, Angestellte und Arbeiter, allesamt keine wohlhabenden Leute, hatten am 14. Juli 1929 die Gründung der Baugenossenschaft beschlossen. Nun sparten sie, um die jeweiligen Genossenschaftsanteile in Höhe von 300 Mark zusammen zu bekommen – und das

 

 bei einem durchschnittlichen Gehalt von 120 bis 180 Mark.

Zusammenhalt

Doch es gab ja noch etwas, das mehr Wert ist als Geld: Muskelkraft und Zusammenhalt. In Eigenregie und mit gegenseitiger Hilfe konnte schon 1930 der erste Spatenstich getan werden und schon ein Jahr spä- ter wurden die ersten vier Doppelhäuser im Nollenpfad bezogen. Weitere Häuser kamen an der Pfefferacker- und an der Emdener Straße hinzu. 6.000 Arbeitsstunden „kostete“ solch ein Haus… Mit Beginn des zweiten Weltkrieges musste die Bautätigkeit ganz unterbrochen werden. Im Verlaufe des Krieges wurden etliche der Eigenheime durch Bomben zerstört. Aber schon 1947 wurde die Bautätigkeit wieder aufgenommen, vor allem in Beckhausen und Horst. Baumaterial gab es nicht, aber die Siedler waren einfallsreich. So enttrümmerten sie die völlig zerstörte Kirche der Gemeinde St. Laurentius, säuberten Stein für Stein und durften die Hälfte davon behalten. Aus der anderen Hälfte der geputzten Kirchensteine wurde eine Behelfskirche gebaut. Der alte Dachstuhl der Kirche lieferte sogar Dachstühle für über 20 Eigenheime.

Eigenheime

1956 entstanden die ersten Eigenheime auf dem Gelände an der Hechelstraße und an der Marler Straße. Die Grundstücke waren von der Kirchengemeinde St. Urbanus in Erbpacht zur Verfügung gestellt worden. Bis 2004 hatte sich die Genossenschaft auch mit der Verwaltung von Wohneigentum befasst, dies wurde jedoch aus steuerlichen Erwägungen aufgegeben. Ebenso wurde die Gemeinnützigkeit aus steuerrechtlichen Gründen 1991 aufgehoben. Die verbleibende Geschäftstätigkeit wurde per Geschäftsbesorgungsvertrag zum 1. Januar 2005 an die befreundete Wohnungsbaugenossenschaft Horst übergeben. Eine geplante Fusion zwischen beiden Genossenschaften kam damals jedoch auf Beschluss einer Wohnungsbau-Versammlung nicht zustande.

Wohnungsbaugenossenschaft Horst e.G.
Harthorststr. 6a
45899 Gelsenkirchen-Horst

www.wbg-horst.de